Rabamm! Donner und Grollen – na, der Tag fĂ€ngt ja gut an… Gewitter? Aber wo bleibt der Regen? Die ganze Nacht ĂŒber hat es in den Bergen gekracht, aber als wir am Morgen die Köpfe aus den Zelten stecken, sieht man am Himmel nur ein paar weiße SchĂ€fchenwolken. Von schlechtem Wetter keine Spur.

Verantwortlich fĂŒr das Getöse ist Esmarkbreen, der Gletscher neben dem wir unser Nachtlager aufgeschlagen haben. Immer wenn StĂŒcke des Eismassivs abbrechen und ins Meer fallen, ertönt das Donnern. Der Fachmann nennt diesen Vorgang, bei dem sich Eisschollen und Eisberge bilden, „kalben“.

Erstmal frĂŒhstĂŒcken, Lager abbauen und alles auf das Schiff verfrachten. Ein Rhythmus, an den wir uns noch gewöhnen mĂŒssen.

Der Blick auf den Gletscher ist schon von weitem atemberaubend, die unterschiedlichen FĂ€rbungen des Gletschers und die gigantischen Aushöhlungen hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Von Nicola lernen wir, dass dunkelblaues Eis Ă€lter ist als helles. Im Laufe der Zeit presst das Gewicht des Gletschers die Luft aus dem Eis, dadurch bekommt das Eis eine immer dunklere, blaue FĂ€rbung. Diese EisstĂŒcke können Tausende Jahre alt sein.

Wir erreichen den Gletscher und haben zum ersten Mal Gelegenheit, die Steigeisen zu verwenden. Die sind auch dringend nötig, wie wir bereits nach wenigen Metern feststellen. Das Eis ist scharfkantig und glatt, ein Sturz kann hier schnell zu Verletzungen fĂŒhren.

Unser Guide fĂŒhrt uns sicher ĂŒber das Eis zu einem beeindruckenden Gletschersee – ein fantastischer Anblick. Nach einer kurzen Pause wandern wir weiter, immerhin wollen wir noch auf die andere Seite des Passes – der vollkommen eingeschneit ist. Unter dem matschigen Schnee hat sich zu allem Überfluss auch noch Wasser gesammelt. Wer hier Pech hat, dem lĂ€uft das Wasser von oben in die Schuhe – kein angenehmes GefĂŒhl. Auf dem Schnee sehen wir immer wieder blass-rote FlĂ€chen, einige halten es fĂŒr Blut. Nicola erklĂ€rt uns, dass es sich um eine Alge handelt, die auf dem Schnee lebt.

Wir stapfen weiter durch den durchnĂ€ssten Schnee bis zum Scheitelpunkt des Passes, dieser liegt auf etwa 300 Metern Höhe. Von hier an geht es nur noch bergab ĂŒber den Gletscher Nansenbreen. Unser Ziel ist Borebukta, dort sollen wir wieder an Bord des Motorseglers gehen.

Bereits nach wenigen hundert Metern hören wir Wasser rauschen, da wir aber keinen Gletscherbach sehen können, und demnach das Wasser unter dem Eis durchfließen muss, entscheiden wir uns fĂŒr einen Umweg. Es wĂ€re einfach zu gefĂ€hrlich, den direkten Weg ins Tal zu nehmen. Wir mĂŒssen auf dem Weg nach unten noch einige Gletscherspalten ĂŒberwinden, diese gehen oft mehrere Meter senkrecht in die Tiefe. Die Steigeisen geben uns die nötige Trittsicherheit bei den SprĂŒngen ĂŒber die Spalten.

Als wir den Fuß des Gletschers erreichen, funken wir den KapitĂ€n des Motorseglers an. Das Schlauchboot wird zu Wasser gelassen und die Gruppe am Strand eingesammelt, zumindest darin bekommen wir langsam Routine. KapitĂ€n Christopher holt uns persönlich mit dem Schlauchboot ab, er trĂ€gt eine dicke Regenjacke und eine MĂŒtze – kein gutes Zeichen. Also frage ich ihn, ob er Regen erwartet. Er grinst breit und seine Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Auf Spitzbergen? Immer!“

Tag 2
ZurĂŒckgelegte Entfernung: 12,6 Kilometer
Benötigte Zeit: 7 Stunden

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